Willigis Jäger (1925-2020)

„Liebe Freundinnen und Freunde,
ich möchte, dass es ein Freudentag wird,
wenn Ihr mich beerdigt.
Ich bin dann zurückgekehrt ins Leben,
ins Sein, dem wir entsteigen durften.
Ich bin dankbar, dass ich ein paar Jahrzehnte auf diesem Staubkorn Erde mit Euch verbringen durfte.”

Willigis Jäger

Gedenkfeier für Willigis Jäger

Zum ersten Jahrestag seines Todes fand am Sonntag, 21. März 2021 eine Gedenkfeier für Willigis Jäger statt. Sie wurde gemeinsam von Vertreter*innen der Abtei Münsterschwarzach, des Benediktushofes, der West-Östliche Weisheit Willigis Jäger Stiftung und der Zen- und Kontemplationslinie gestaltet. Das Vokal- und Instrumental-Ensemble ARCHIKON konzertierte einige Stücke aus dem Oratorium “Wir tragen das Gesicht des EINEN” von Jürgen Lehmann mit Texten von Willigis Jäger aus “Mein Bekenntnis”.

In unserem Magazin können Sie sich das Video der Gedenkfeier ansehen.

Zum Video der Gedenkfeier

 

Weggefährten erinnern sich an Willigis

Sehr viele Menschen wurden durch Begegnungen mit Willigis inspiriert. Einige dieser Beiträge aus dem Inspirationsbuch zu seinem 90. Geburtstag lesen Sie hier.

Harald Homberger

(…) diese herzerfrischende Unaufgeregtheit von Willigis bei tiefgreifenden Erfahrungen während meiner Kontemplation…. „Jetzt weißt Du, wie das ist. Geh weiter!“ Ja, das tue ich, Willigis, mit Dir im Herzen!

 

Manfred Rosen

Wenn Willigis spricht, spricht er mir aus der Seele.

 

Gertraud Gruber

Er hat mich viel über den rechten Umgang mit dem Leben gelehrt. Seine Worte und Bilder über unser Dasein und den im wahrsten Sinn des Wortes tieferen Sinn des Lebens – haben vielen Menschen geholfen, das Leben so anzunehmen, wie es ist, und damit achtsam umzugehen.

 

P. Anselm Grün OSB

Für mich ist die Devise von Pater Willigis eine Konkretisierung des benediktinischen „ora et labora“. Als Cellerar habe ich versucht, dieses Motto zu leben. Die Arbeit ist Test für unsere Spiritualität. In ihr zeigt sich, ob wir spirituell sind oder nicht.

 

Heide Hertzog

Das ICH schreitet
Glühend vor Erkenntnissen
Und bühnenreifen Erleuchtungs-
Gedanken zum Meister
Und trägt vor.

Nüchtern Kommentare von Willigis:
Also, nichts Besonderes,
zurück aufs Kissen.

 

Fernand Braun

Der erste Satz im ersten Gespräch mit Willigis war für mich eine grundlegende Unterweisung, die mich bis heute begleitet und die ich in jedem Einführungskurs meinen Teilnehmern an die Hand gebe. Es war die Frage: „Warum bist Du hier?“ Diese Frage hatte mich so überrascht, dass ich alles Mögliche antwortete, nur um der für mich peinlichen Situation zu entkommen. Willigis hatte es wohl mitbekommen, lächelte mich an und sagte: „Nun, ich will es dir sagen! Du bist hier, um hier zu sein!“ Die Antwort erschien lächerlich und war ebenso überraschend wie die Frage!

 

Anne Höfler

Das Gebet – oder die Übung der gegenstandslosen Kontemplation – setzt die Heilkraft frei, die jedem innewohnt.

 

Sven-Joachim Haack

„Geh in deine Übung!“ Keinen Satz habe ich häufiger am Ende der Gespräche mit Willigis gehört. Einladung zu einfachem, absichtslosem Dasein. Gleichzeitig entdecke ich immer subtiler, wie ich dem Leben Widerstand leiste, es nicht so haben will, wie es sich in diesem Moment zeigt. Wenn aber die Absichten zur Ruhe kommen, wird das Wesen der Dinge offenbar. Dann ist alles heilig und gleichzeitig profan, eben jenseits von heilig und profan, göttlich und menschlich, richtig und falsch.

 

P. Fidelis Ruppert OSB

In unserem Kloster gibt es eine alte Tür, in die mit großen Lettern eingeschnitzt ist: „Patet porta – magis cor = die Tür steht offen – mehr noch das Herz“. Diese Tür war der Eingang zum Internat, als Pater Willigis dort Erzieher war. Täglich ging er durch diese Tür. Sie bleibt offen – mehr noch das Herz.

 

Gisela Drescher

In einem sehr schwierigen partnerschaftlichen Konflikt ging ich zu Willigis und erzählte ihm davon. Er zeigte seine Betroffenheit darüber und rief aus: „Das ist das Leben, da musst du hineingreifen!“ Wir beide lachten herzhaft und befreit über diese Lösung.

 

Franz Nikolaus Müller

Für mich war und ist Willigis der „Lebemeister“, wie es Johannes Tauler nennt im Unterschied zu den „Lesemeistern“.

 

Beatrice Grimm

Willigis‘ Leichtigkeit ist ansteckend: Wir gehen durch strömenden Regen. Ich halte den Schirm über ihn. Er sagt: „Oh lass, das bisschen Regen …“ Ich antworte: „Ich brauche den Schirm nicht so sehr, mich schützen ja meine Haare.“ Willigis darauf: „Mich schützt meine Glatze, da läuft der Regen ab.“

 

Hans Wielens

Lassen wir uns nicht entmutigen; denken wir an Willigis, der uns immer wieder ermunterte: „Macht weiter!“

 

Gundula Meyer

Nein, keines seiner Bücher hat mich inspiriert, kein Weisheitswort, kein Kalenderspruch – all das nicht. Es war die Unbedingtheit und die Unbeirrbarkeit, mit der Willigis seinen Weg ging (…), was mich von Anfang an beeindruckte.

Sein Wirken

Willigis Jäger verkörperte eine konfessionsunabhängige zeitgenössische Spiritualität, die den Menschen des 21. Jahrhunderts Antworten auf ihre drängenden Fragen geben will.

Als Zenmeister und Kontemplationslehrer war er sowohl von der christlich-abendländischen Mystik als auch dem östlichen Zen geformt und ging gleichzeitig über beide Konfessionen hinaus auf das, was allen spirituellen Wegen des Westens und des Ostens zugrunde liegt.

Sein Verständnis der West-Östlichen Weisheit basierte auf der Philosophia perennis, die ihren aktuellen Ausdruck im integrativen Denken und Handeln findet. Teil dieser Vision ist die Einbeziehung der modernen Naturwissenschaften sowie das wirtschaftlich-politisch-soziale Handeln, im dem sich die Übung im Alltag manifestiert.

Seine Vision einer globalen und konfessionsübergreifenden Spiritualität fand ihren Ausdruck in zahlreichen Büchern und Audio/Video-Veröffentlichungen.

Willigis Jäger war der Begründer des Benediktushofes. Er wurde sowohl von japanischen wie auch von chinesischen Zenlinien als Zen (chin. Chan)- Meister bestätigt. 2009 gründete er die Zenlinie

„Leere Wolke“ und 2010 die Kontemplationslinie „Wolke des Nichtwissens“.

Er war Mitstifter der „West-Östliche Weisheit Willigis Jäger Stiftung“, deren Aufgabe es ist, zeitgenössische Spiritualität zu erforschen, zu entwickeln und zu fördern.

Bereits 2016 hatte Willigis Jäger die aktive Lehr- und Vortragstätigkeit aufgegeben.

Am 20. März 2020 ging er kurz nach seinem 95. Geburtstag friedlich von uns. Bis zuletzt wurde er auf dem Benediktushof von ihm nahestehenden Personen liebevoll begleitet und betreut.

Entsprechend seinem Wunsch ist seine letzte Ruhestätte auf dem Klosterfriedhof der Abtei Münsterschwarzach, deren Ordensbruder er bis zu seinem Lebensende blieb.

Veröffentlichungen in Gedenken an Willigis

Ganz Mensch werden

von Angela Krumpen

Das Menschenleben von Willigis Jäger, Benediktinerpater und Zen-Meister, währte fast ein Jahrhundert. Gewidmet hat er es den großen Fragen des Lebens, erforschen wollte er die großen Mysterien des Lebens. Willigis Jäger folgte seinen Fragen dringlich und existentiell.

Als Suchende, Journalistin und Mitglied im Präsidium der West-Östliche Weisheit Willigis Jäger Stiftung hat Angela Krumpen Texte aus seinen Büchern ausgewählt und neu zusammengefügt. Wird in der spirituellen Biografie „Das Willigis Jahrhundert“ von Alexander Poraj die Entwicklung von Willigis Jäger nachgezeichnet, soll es hier um eine Landkarte seiner Einsichten und Lehren gehen.

Das Buch ist in der Buchhandlung am Benediktushof oder im Online-Shop erhältlich.

Das Willigis Jahrhundert

von Alexander Poraj

Der langjährige Weggefährte von Willigis Jäger, der Zen-Meister Alexander Poraj, setzt auf sehr persönliche Weise den Lebensweg und die Entwicklung von Willigis Jäger in den Kontext gesellschaftlicher, philosophischer und wissenschaftlicher Entwicklungen des letzten Jahrhunderts und in den theologisch-kirchlichen Kontext der großen christlichen Mystiker.

Er zeichnet dadurch ein authentisches Bild des Menschen Willigis, weil nicht nur seine konstruktiven Einsichten beschrieben werden, sondern auch die Leiden, die Risse und die Konflikte, welche untrennbar mit dem Leben des großen Mystikers verbunden waren.

Das Buch ist in der Buchhandlung am Benediktushof oder im Online-Shop erhältlich.

Alexander Poraj hat in einem Interview Hintergründe zur Entstehung des Buches erläutert. In unserem Magazin können Sie das ganze Interview lesen.